Robert Kagan, seines Zeichens Kollumnist Kolumnist bei der Washington Post und auch sonst ein Mensch, der ziemlich genau weiß, was er sagt, bemängelte bereits Anfang 2003 in seinem Essay “Macht und Ohnmacht” die “mangelnde Zuverlässigkeit von Völkerrecht und internationalen Vereinbarungen und den entsprechenden Organisationen” (frei aus dem Kopf zitiert…) – kein Wunder, damit hat er vollkommen Recht. Wie sollte es auch anders sein, wenn sich die USA exklusiv für sich das Recht herausnehmen, diese jederzeit zu brechen und zu ignorieren, wenn es ihnen grade passt.
Außerdem wirft er Europa vor, an Realitätsverlust zu leiden und völlig undurchführbare Visionen anzustreben (Stichwort: Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden), während in einer bösen, anarchischen Welt lediglich militärische Stärke und möglichst große Machtfülle zählen. Somit würde Europa früher oder später in der Bedeutungslosigkeit versinken und die USA würden gezwungen sein, unilateral und eigenständig zu handeln (lies: Kriege zu führen, wenn sie Bock darauf haben). Eigentlich bräuchste man Europa ja schon jetzt nicht mehr. Und so argumentiert er fröhlich weiter – als ob der kalte Krieg grade auf seinem Höhepunkt wäre und die USA stärker bedroht seien als je zuvor.
Der Kerl ist verrückt? Der Kerl labert Schwachsinn? Stimmt. Ich durfte heute Morgen vier Stunden lang eine Politik-Leistungskurs-Klausur darüber schreiben – bzw. seinen Text nach Strich und Faden zerpflücken und ihn schärfstens für seine Einstellung kritisieren. So machen selbst Politik-Klausuren Spaß! :)
Als ziemlich fieser Nachgeschmack bleibt nur: Kagan ist nicht der einzige in den USA, der so denkt. Und es sind nicht nur irgendwelche Leute, die so denken, sondern diese Leute sitzen dort an der Regierung…