Die Stadt hier (ca. 21.000 Einwohner) hat jetzt ein “Stadtadressbuch” herausgegeben. Zu bekommen für 2,50 € im Rathaus. Vorwort des Bürgermeisters:
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
vor Ihnen liegt die erste Ausgabe des Stadtadressbuchs der Stadt $hier. In diesem Stadtadressbuch finden Sie die aktuellen Daten über den Stadtrat, die Stadtverwaltung sowie über Vereine, Verbände und Organisationen.
In der Rubrik “Was erledigt ich wo?” sind interessante Hinweise für alle Lebensbereiche zusammengefasst. Außerdem ist ein aktualisierter Stadtplan der Stadt $hier beigefügt.
Wenn Sie darüber hinaus mehr [... blabla ...]
Mit freundlichen Grüßen
*kritzel*
$Name
Bürgermeister
Gespickt ist das ganze Ding mit dutzenden von Werbeanzeigen von hiesigen Unternehmen. Nach dem Vorwort folgt ein bisschen Selbstbeweihräucherung der Stadt, ein paar Angaben zur Verwaltung und die Adressen aller Mitglieder des Stadtrats und noch ein bisschen Kram, der ja an sich gut zu wissen ist. Das geht dann bis Seite 24.
Die folgenden 132 Seiten sind einem alphabetischen Namensverzeichnis aller Einwohner (über 18 Jahren) mit Name und Adresse sowie Angabe des Ortsteils und bei Selbstständigen auch mit der Berufsbezeichnung gewidmet. Das ist schon krass. Auch Leute die (aus durchaus guten Gründen!) nicht im Telefonbuch oder in sonstigen Verzeichnissen stehen, sind hier aufgeführt.
Dann folgt ein 20seitiges Branchenverzeichnis mit Ärzten, diversen Firmen usw. Ein Witz im Vergleich zu den gelben Seiten.
Die nächsten 92 Seiten sind dann ein Adressverzeichnis aller Einwohner geordnet nach Straßen und Hausnummern. Wenn man also schon immer einmal wissen wollte, wie eigentlich der Idiot da und dort heißt, der einen immer aus dem Vorgarten heraus anpöbelt: Nun ist es möglich.
Wir haben hier also 268 Seiten. 44 Seiten davon haben in meinen Augen durchaus sinnvollen Inhalt, den man allerdings auch in jedem Telefonbuch findet oder alternativ im Rathaus erfragen kann. Die restlichen 224 Seiten (also ca. 84% des ganzen Heftes!) bestehen aus privaten Daten der Einwohner, die vorher übrigens nicht nach ihrem Einverständnis gefragt wurden. Dieses “Feature” wird übrigens weder auf dem Umschlag, noch im Vorwort erwähnt.
Datensammelnde Firmen freuen sich nun natürlich: Alle Datensätze hochaktuell (aus Daten des Einwohnermeldeamtes) und zuverlässig für einen lächerlich winzigen Preis, keine lückenhaften Telefonbücher mehr. Die Digitalisierung ist wohl kaum Aufwand. Ich überlege mir auch schon, ob ich den Kram vielleicht einmal digitalisieren sollte. In Kombination mit dem Telefonbuch und anderen öffenlich zugängigen Quellen dürfte das eine sehr gute Datenbasis für eine Datenkrake sehr netten Ausmaßes ohne jegliche Kontrolle oder Einflussmöglichkeit der Opfer ergeben …
datenschutz? was das?
wieder eine stadt, die ich von meiner liste mit potenziellen zukuenftigen wohnorten streichen kann. darum werd ich nie nach schortens ziehen.
Interessant wäre der name der Stadt gewesen ;) Oder bin ich nur blind?
Steht im Kommentar von yetzt, wenn ich das richtig verstehe –> schortens
Echt krass, aber ich denke dagegen werden sich eineige (vernüftige?) Bürger wehren …
Schön Sache, da kann der gute Deutsche gleich viel gezielter die Polizei losschicken wenn der Nachbar wieder mal ne Grillparty veranstaltet.
Welchen Vorteil hat bitte ein Verzeichnis mit allen Einwohnern für mich als Büger ? Alles sehr merkwürdig.
Das ist doch ganz normal, in unserer Stadt kann man solche Hefte seit 10 Jahren kaufen…
ROFL … Würde meine Stadt das machen… ich würde ihr den Boden unter den Füßen weg klagen! Meine Telefonnummer ist auch nicht im Telefonbuch… wenn ich auf einen Anruf eines Mitbürgers wert lege, dann gebe ich ihn meine Telefonnummer persönlich und nicht anders…
Was Schortens da macht ist schlicht weg illegal… das ist nicht egal! Und vorallem nicht normal.
@Terraboss: Es stehen keine Telefonnummern drin, es sind ausschliesslich Adressinformation.
Bei uns gibt es 2 Verzeichnisse sortiert nach Strassennamen und sortiert nach Nachnamen. Dh du kannst feststellen, wer unter einer Adresse alles wohnt oder wo die ganzen Muellers in der Stadt verteilt sind. Es sind auch Personen enthalten, die im Telefonbuch nicht erscheinen.
Laut Impressum: Amtl. Unterlagen und eigene Erhebung
Ich habe im Hinterkopf, dass das ein ganz normaler Vorgang ist. Mann kann doch einfach die Adressen beim Einwohnermeldeamt kaufen, oder ? Gab es da nicht Geschichten mit der GEZ oder Banken, die Neugeborenen automatisch ein 5DM Konto geschenkt hatten ?
“Strassen-Teil (Einwohner)
16.334 private Anschriften aller Einwohner ab 18 Jahre nach Strassen und Hausnummern geordnet
Die Einwohnerangaben in diesem Verzeichnis wurden nach den amtlichen Unterlagen gemaess Meldegesetz erstellt.”
http://www.datenschutz.hessen.de/Gesetzestexte/_virdat/HMG.htm#%A7%2034
§ 34
Allgemeine Melderegisterauskunft
(3) Melderegisterauskunft über eine Vielzahl nicht namentlich bezeichneter Einwohnerinnen und Einwohner (Gruppenauskunft) darf nur erteilt werden, soweit sie im öffentlichen Interesse liegt. Für die Zusammensetzung der Personengruppe dürfen die folgenden Daten herangezogen werden:
…
Ich nehme an, dass ein Adressverzeichnis ein oeffentliches Interesse ist, daher wirds wohl nix mit der Klage, ABER
5) Jede Melderegisterauskunft ist unzulässig, wenn Betroffene der Meldebehörde gegenüber das Vorliegen von Tatsachen glaubhaft gemacht haben, die die Annahme rechtfertigen, dass ihnen oder einer anderen Person hieraus eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange erwachsen kann.
(6) Die Auskunftssperre nach Abs. 5 endet mit Ablauf des dritten auf die Eintragung folgenden Kalenderjahres. Sie kann auf Antrag verlängert werden. Hierauf sind Betroffene hinzuweisen. Sie kann im Einzelfall widerrufen werden, wenn ein glaubhaft gemachtes rechtliches Interesse an der Melderegisterauskunft offensichtlich das Interesse Betroffener an der Auskunftssperre überwiegt. Sie kann auch widerrufen werden, wenn die Meldebehörde auf Grund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen berechtigt wäre, die Eintragung der Auskunftssperre abzulehnen.
Naja, Absatz 3. Ich finde nicht, dass es im öffentlichen Interesse liegt, dass jeder für einen lächerlichen Betrag von 2,50 € die Adressdaten einer ganzen Stadt bekommen kann.
@MichiK: Wir bekommen das Adressverzeichnis sogar kostenlos in den Briefkasten geworfen, ansonsten kostet es 17.80 EUR. (gewusst-wo.de)
Ist ein Adressverzeichnis ein oeffentliches Interesse ? Gute Frage. Ich wuerde sagen nein, aber wie definiert man das ?
In unserem Heft steht uebrigens drin, dass die Adressdaten nicht weiterverwendet werden duerfen.
Da bin ich aber beruhigt. Schließlich gibt’s in unser aller kleinen bananenrepublik doch nur rechtschaffende menschen, denen so ein unlöblicher missbrauch gar nicht in den sinn käme — obwohl er wohl kaum nachweisbar wäre.
mh, der kommentar kommt etwas spaet, aber… keine ahnung worueber ihr euch so aufregt? adressbuecher gibt es schon seit ewigkeiten, schoen dass ihr auch mal darauf gestossen seid. wusstet ihr das postzusteller solche daten auch sammeln? ;-)
Ja, ich weiß auch das die Deutsche Post einen Dienst anbietet um die Adressen von Schreibfehlern bzw. absichtlich begangengen Änderungen zu befreien.
Z.B. geben ja viele Leute bei Versandhäusern “Straße Nr. Buchstabe” (z.B. Königsweg 7b) an, obwohl sie nur in “Straße Nr.” (Königsweg 7) wohnen.
Die Software der Post erkennt das, weiß wo wer wohnt und korrigiert das..