Offener Brief an die Mobilfunkindustrie

von Khark am 10. Juni 2005 um 17:25 Uhr

Liebe Mobilfunkindustrie,

ich gebe zu ich bin kein guter Kunde. Mein Handy liegt meist nutzlos und mit leerem Akku neben meinem Laptop. Noch dazu ist es kein Vertragshandy, so das ihr an dieser Liegezeit auch kein Geld verdient. Es ist ein einfaches Siemens A55. Und das es ein A55 ist und von Siemens wußte ich nur, weil ich eben auf das Handy geguckt habe und die Typenbezeichnung abgeschrieben habe. Meine Handynummer weiß ich nur, wenn ich in meine Adressbuch geschaut habe, wo ein Eintrag namens “Meine Handynr.” existiert.
So selten nutze ich es.
Es hat weder eine Kamera mit der ich Fotos von den Fussballspielen meiner Oma machen kann, noch hat es Bluetooth um auf die Nacktbilder anderer Handybenutzer zugreifen zu können.
WAP-fähig ist es. Nur leider ist WAP doch kein wirklicher Ersatz von PuTTY, Mozilla und gesicherter VPN-Verbindung. Also keine wirkliche Alternative für einen internetsüchtigen, jungen, dynamischen Geek, der gerne an sonnigen Wochenenden auf Inlinern durch die City heizt oder Nachts mit seiner Digitalkamera auf Streifzug ist um coole Fotos zu machen, die als Bildschirmhintergrund taugen.
Kein kurzes reinschnuppern in den IRC-Chat am Wochenende, während ich in der City bin, um den Leuten dort erzählen zu können, was man gerade lustiges gehört hat.
Dabei bin ich doch genau eure Zielgruppe. Ich bin jung, modern, technikbegeistert und gebe viel Geld für Nonsens aus. Ich bin ein würdiger Vertreter der Generation X und ein noch enthusiastischer Vertreter der Generation iPod, auch wenn ich keinen Besitze.
Ich bin sogar so dermaßen Stereotypisch, das ich auf meinem Blog einen Button habe, der sagt, das ich eben keiner Zielgruppe angehöre. (Da, rechts, unter dem Menu und dem Button gegen Softwarepatente.)
Nun.. In einer Hinsicht stimmt dies auch. Ich kaufe nicht alles was man mir vorwirft.
Ich bin erst einmal ablehnend, gehe um das Objekt der Begierde neugierig herum. Begutachte es von allen Seiten, trete ein paar mal dagegen und wenn dann zu meiner Verwunderung ein Kuckuck herauskommt mit dem ich gar nicht gerechnet hatte, den ich aber so süß und knuddlig finde das ich nicht widerstehen kann, ist es schon fast gekauft.
Vorrausgesetzt der Gesamtpreis liegt in einem, meiner Meinung nach, gerechtfertigten Rahmen.

Eure UMTS-Datentarife, liebe Mobilfunkindustrie, haben diesen Test fast bestanden. Sie bieten faire Zeiten bzw. Datenvolumen zu einem gerechten Tarif und einen guten Preis für überzählige Minuten-/MB. Durchaus finanzierbar für einen Ex-Schüler auf Ausbildungssuche wie mich, der den Tarif nur will um auch mal während einer Zugfahrt oder einem Zeltcamp mit anderen Geeks, fernab jeglicher Zivilisation Pornos angucken zu können.

Nur zwei Frage hätte ich dann doch:
Was ist dieser UMTS-Basispreis wie ihr in alle in euren Tarifaufstaffelungen beschreibt?
Warum macht dieser immer nahezu 60% der gesamten monatlichen Kosten aus?
Und wieso findet man nirgendwo Informationen dazu, wo dieser Preis herkommt und welchen Zweck er erfüllt?

Und zweitens:
Wieso ist es nicht möglich einen UMTS-Datentarif zu buchen, ohne gleich einen (für mich sinnlosen) Handyvertrag mitbuchen zu müssen?
Solltet ihr aus Abrechnungstechnischen Gründen nicht dazu in der Lage sein, wären ich und jede Menge anderer Geeks euch bei der Lösung dieses technischen Problems sicherlich gerne behilflich.
Dann könnte man z.B. einen UMTS-Call-by-Call Tarif einführen und die entsprechenden UMTS-Laptop/PC-Karten im Onlineshop anbieten.
Ohne Abschlusszwang eines Handyvertrages und zu anderen Preisen anstelle von 371€ (O2 UMTS-Karte) oder 499€ (Vodafone UMTS-Karte).

Ich war zwar nur mittelmäßig in Wirtschaftslehre, meine mich aber entsinnen zu können, das je billiger etwas ist, es auch umso mehr Kunden findet. Entweder, weil es für die einen erst erschwinglich wird oder weil andere es so billig finden, das Sie es einfach ohne nachzudenken kaufen.
Ich meine mich auch an ein Diagramm mit 2 Achsen erinnern zu können. Die eine Achse symbolisierte den Preis, die andere die Kunden.
Ach.. – Ich mal es euch einfach mal auf.

UMTS-Diagramm.jpg

Hier. Wie man sieht finden sich 0 Kunden, wenn der Preis bei 100% liegt und 100 Kunden, wenn der Preis bei 0% (€) liegt. Der ideale Punkt zwischen Kosten und Nutzen ist der Punkt, an dem sich die beiden Achsen schneiden.
Nun ist klar, das ihr nicht einfach die Daten aus ganz Deutschland in so ein Diagramm einfließen lasst.
– Meine Oma braucht kein UMTS. Die muss noch lernen, das CDs keine Schalplatten aus Metall sind, weil Sie so glänzen.
Ihr habt eure Zielgruppendefinition(en) für so etwas. Da steht dann z.B. drin, wie alt eure Zielgruppe ist, wieviel jeder durchschnittlich Verdient und was er so tut.
In umserem Beispiel also, wofür jemand aus dieser Zielgruppe den einen UMTS-Datentarif benötigen würde.

Und da habt ihr wohl vornehmlich an Leute wie euch gedacht. Die immer auf wichtigen Reisen sind und in der Bahn ihren Laptop aufklappen um Online an wichtigen Dokumenten zu arbeiten. Die immer gerne Online/Mobil erreichbar sein wollen, weil Sie aufgrund ihrer Arbeit und Interessen kaum Zeit für ihre Freunde haben. Außerdem sind Sie ja sowieso immer unterwegs.
Das Gute ist aber, das diese Leute sehr viel Geld haben, da Sie eben keine teure Freundin unterhalten müssen und nur selten mit ihren Freunden ins Kino gehen.
Das ist wohl eure UMTS-Zielgruppe.

Und nun frage ich dich, liebe Mobilfunkindustrie:
Was unterscheidet mich von den Leute dort oben?

Wenn ihr dies erkannt habt, bin ich mir ziemlich sicher, das meine Fantasie, das ich mich nach einer langen Fahrt auf Inlinern, einfach irgendwo in der Fußgängerzone der City auf den Boden setze um am Content Management System meiner Homepage zu arbeiten, wohl doch nur eine Fantasie meiner einsamen, feuchten Nächte bleiben wird.

Schade, wie ich finde.

Aber wie heißt es doch immer so schön: Never trust commercials. They just want to brainwash your eyes.

Es ist schade, das ihr nicht so modern sein könnt, wie ihr euch gebt.
Sehr schade.

Wer meiner Meinung ist, darf gerne ein Kommentar hinterlassen.

7 Antworten zu “Offener Brief an die Mobilfunkindustrie”

  1. Drezil sagt:

    bin ganz deiner meinung…
    Hab auch schon mal mit dem gedanken UMTS gespielt, vorallem, da ich nu ja nen laptop hab ..
    aber ist ist mir einfach zu teuer …

    oder ist das UMTS-Netz einfach noch nicht gut genug ausgebaut um solchen datenmengen stand zu halten (war das richtig nach neuer dt. Rechtschreibung?)? Oder müssen erst die 100 Mrd. € von der irrwitzigen UMTS-Auktion verdient sein, bevor Preise angeboten werden, die ein jeder sich leisten kann?

  2. andix sagt:

    Wir haben keinen Kommunismus… Außerdem reguliert die Nachfrage den Markt.

    Solche Typen wie dich gibts einfach zu wenig, dass dafür ein Produkt eingeführt wird. Exklusivität ist teuer.

  3. UMTSonBOARD sagt:

    LoL … naja ein jeder hat das recht sich was zu wünschen. allerdings sollt man beachten, dass jeder Service Geld kostet … das sich der arbeitslose Skater kein UMTS leisten kann/soll, ist wirtschaftlich gesehen korrekt … völlig korrekt … gibt nix schlimmeres für die wirtschaft als leute die was nutzen es dann aber nicht bezahlen können … dann lieber gleich die latte so hoch legen, dass nur gestandene Männer/Frauen drüber kommen …

    kaum einen Unternehmer interessiert eine nicht solvente Zielgruppe, nochnichteinmal Jamba, denn bei denen ist die Zielgruppe so jung, dass die Eltern mit der Kohle dahinterstehen (müssen) …

    sorry … aber dein brief klingt eher nach: “Ich bin arm und internetsüchtig, bitte macht UMTS so billig, dass auch ich immer online sein kann!”

    versuchs dochmal mit einer bewerbung als programmierer bei O2 oder vodafone, angestellte bekommen günstigere Tarife und du bekommst Geld von denen mit dem du dein umts bezahlen kannst …

  4. UMTS_for_free sagt:

    “Ja ist denn heut schon Weihnachten?”

    Servus zusammen, ich muss UMTSonBoard mal rechtgeben und dich fragen, ob du weißt, wie intellignet der durchschnittliche Handy-Benutzer ist. Und der durchschnittliche Händy-Benutzer ist offensichtlich so intelligent, dass er den nervigen Frosch von Jamba und das debile Küken für total end-geil hält (oder voll fett oder so). Und jetzt überleg dir noch mal, dass die Hälfte aller Menschen immer noch unter dem Durchschnitt liegt (um mal einen alten Witz von Terry Pratchet zu bemühen) .

    Wie auch immer, UMTS ist ein Business-Angebot für Firmen mit Kontrollpsychose und Business-Mütter, die mit ihren Kindern über briefmarkengroßes Video kommunizieren. Das wird niemals billiger, vielleicht, wenn nun 3.5G eingeführt wird oder wenn der große Durchbruch mit der Killerapplikation, nach der alle verzweifelt suchen, bei 4G erzielt wird.

    Jeder Black-Berry-Besitzer kann dir sagen, dass Internet auf einem winzigen Display zu gucken, entweder zu Augenkrebs führt oder zu der Erkenntnis, dass die meisten Internetseiten sowieso nur Schrott sind und sich die ganze Mühe nicht lohnt.

    “For a better world for you!”

  5. Khark sagt:

    Ich will UMTS ja nicht für Handy sondern für meinen Laptop via UMTS-Karte :D
    (Quasi wie WLAN mit WLAN-Karte.)

    Und Geld hab ich wohl. Auch wenn ich z.Z. eine Ausbildung suche (da Schule zuende). Ich wäre auch bereit dafür zu löhnen (muss man ja wohl oder übel).
    Nur.. 40€ für 10Std Online oder 50MB, so hoch können die Betriebskosten nicht sein.
    Es ist halt einfach das Image, das UMTS anhaftet. Und das spiegelt sich dann auch im Preis wieder. Oder wie im Falle von Parfum z.B. wird das “Exklusivitäts-Image” erst durch den Preis definiert.
    Evtl. ist dies bei UMTS ja auch der Fall.

    Das der durchschnittliche Konsument nicht gerade ein Paradebeispiel evolutionärer Mutation ist, ist ja allgemein bekannt. Nur würde ich mich halt auch mal freuen, wenn ein paar der Konzerne dann auch Tarife für die etwas intelligenteren anbieten würden und Modernität nicht immer mit: Jung, dynamisch, progressiv, erfolgreich und “hat Geld wie Heu in der Tasche ist aber dumm wie stroh”. gleichsetzen würden.

    Naja.. Der durchschnittliche WLAN-Inhaber ist ja auch nicht wirklich intelligent…

  6. Michael sagt:

    Zu Hause ist es schon ‘ne ISDN-Alternative. Ich zahl efektiv 37.45/Monat für 60 Stunden surfen mit Vadafone. DSL (O.K. ist schneller) kostet mich ca. 16 Euro Grundgebühr Telefon, ca. 17 Euro Grundgebühr DSL + 5 Euro DSL-Flat. Da ich aba nicht mehr als 60h Stunden/Monat absurfe, habe ich also ‘ne Pseudo UMTS-Flat in einem mit Opalnetz bedachten Telekomversorgungsbereich.

  7. der der es lustig findet sagt:

    Hallo zusammen.
    Ich finde Khark hat recht und ich finde den Thread gut geschrieben, amüsant. Warum bieten die kein Call by Call an für UMTS-Karten? Für diese scheiss UMTS-Karte für Notebooks gibt man schon ein heiden Geld aus (billigste was ich gefunden habe sind ohne Vertrag 232€) und wenn ich das nur ab und zu nutzen möchte da ich zu Hause einen 12Mbit DSL Anschluss habe finde ich es total überflüssig da ne flatrate zu machen für 40€ oder irgend ein Volumentarif wenn ich das vielleicht eine Stunde im Monat brauchen/nutzen würde.