Das Abfahrtssignal

von MichiK am 1. Dezember 2005 um 16:39 Uhr

Scheinbar wird der öffentliche Nahverkehr hier mit der Zeit mein Lieblingsthema… liegt das daran, dass so etwas an meinem ehemaligen Wohnort schlichtweg nicht vorhanden war und damit völlig neu für mich ist?

Hier fahren jedenfalls richtig schöne alte Tatra-Straßenbahnen aus dem Ostblock. Bevor die ihre Türen schließen, um abzufahren, geht für einige Sekunden eine Klingel zusammen mit einer Warnlampe an – das Abfahrtssignal. Neben den Türen steht “Nach Abfahrtssignal nicht mehr einsteigen!”

Interpretiert wird es von mir (und 90% aller anderen Menschen) so: “Wenn die Klingel angeht, sollte man so langsam mal einsteigen.” Kritisch wird es erst, wenn das Signal schon wieder aus ist, denn dann hat man noch ca. 0,5 Sekunden Zeit, bis die alten, rustikalen Türen recht flott und mit ordentlich Kraft zuschlagen…

Letztendlich ist es aber nur wichtig, rechtzeitig im Rückspiegel des Fahrers aufzutauchen… ich habe bisher nur wenige erlebt, die dann den Finger nicht noch eine Sekunde auf dem Knopf (und damit die Türen auf) lassen. Ich muss aber trotzdem aufpassen – wenn ich meine Technik des professionellen Sprints zur Straßenbahn noch weiter entwickle, wird es unweigerlich darauf hinauslaufen, dass ich ein Opfer diverser unaufmerksamer Autofahrer (die müssen an Straßenbahnen anhalten, um keine Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen zu gefährden) werde und als Fettfleck auf der Georg-Schumann-Straße ende.

Übrigens: Die neueren Bahnen haben (meistens) kein Abfahrtssignal – die Türen gehen einfach ohne Vorwarnung zu. Steigt man also im selben Moment in die Bahn, wo der genervte Fahrer den Türen-Schließen-Knopf drückt, ohne in den Rückspiegel zu schauen, kriegt man eine Tür voll in die Fresse. Die geht dann zwar wieder auf, aber sonderlich angenehm ist das nicht. Bei den alten Bahnen kann man sich wenigstens darauf verlassen: Bimmelt es, muss man reinspringen – hört das Bimmeln grade auf, sollte man sich dabei an der Tür festhalten.

3 Antworten zu “Das Abfahrtssignal”

  1. René sagt:

    Der Bericht liest sich so, als kommt ein Urwaldeinwohner das erste Mal in eine Großstadt ;-)

    aber die alten Tatrabahnen hatten schon was …

  2. MichiK sagt:

    Ja, ich hab die letzten 20 Jahre in ner ländlichen Gegend gewohnt, da bestand der ÖPNV schätzungsweise aus zwei bis drei Bussen pro Tag. Ab und zu ist man ja schon mal in ner Großstadt, aber da fehlt dann die Zeit für das Studium solcher Kleinigkeiten. Nun, wo ich jeden Tag mit der Straßenbahn unterwegs bin, fällt mir das halt auf…

    Und die Tatra-Bahnen hatten nicht was, die haben hier immer noch was. ;)

    Nur die ganz, ganz Alten fahren hier nicht mehr, die gibts aber dafür noch in Budapest im Einsatz zu sehen. So richtig schön mit Holzbänken und Klack-Klack-Klacker-Klack-Relais-Schaltschränken, auf die man sich an kalten Tagen gut draufsetzen kann, weil die immer angenehm warm sind.

  3. Christian sagt:

    Mir ist auch unverständlich, warum viele neuere Bahnen kein Abfahrtssignal mehr haben. Oder die meisten in den alten Bundesländern. Einige der Tatras haben es im Zuge der Modernisierung verloren.
    Wobei mir das Getröte z.B. in Berlin gehörig auf die Nerven geht.
    Dann doch lieber eine Melodie wie z.B. in Dresden.
    Ich finde, so eine Türschließwarnanlage sollte generell Pflicht werden.