Filmindustrie dreht durch?

von MichiK am 3. Mai 2005 um 18:38 Uhr

Jetzt wollen die Herrschaften schon “Raubkopierer” in Kinos mit Nachtsichtgeräten jagen (hier oder hier) und ist stolz darauf, möglichst viele potenzielle Kunden pöhse, pöhse “Raubkopierer” verknackt zu haben.

Ich frage mich, wie lange es dauert, bis die Branche aufwacht und merkt, dass es auf Dauer nicht praktikabel ist, die eigenen Kunden mit Fernsehwerbung, Printwerbung, Plakatwerbung, Kinospots, Texteinblendungen vor Kinofilmen, bezahlten von richtigdenkenden Autoren verfassten Artikeln/Beiträgen in Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen usw. zu kriminalisieren zu vergraulen darauf aufmerksam zu machen, dass viele einige viel zu viele, viel zu pöhse, pöhse Raubkopierer ihr Geschäft ruinieren.

Ich bin früher immer gerne ins Kino gegangen, habe aber das schon vor Jahren wieder aufgegeben und lasse mich da höchstens noch mehr oder weniger widerwillig hinzerren (dreimal in den letzten drei Jahren und eigentlich nie, weil ich den ach so tollen Film unbedingt sehen wollte und weils mir das Geld wert war).

Zuletzt war ich hier in einer Sneak Preview – das war mal ein Erlebnis, das sich gelohnt hat. Es gab keine “BUÄÄÄÄHH, die pöhsen pöhsen Raubkopierer klauen uns unsere Filme!!!!!1!!111″-Spots am Anfang des Films, sondern stattdessen allgemein gute Laune und mit 4 € war es sogar die billigste Veranstaltung, die es in dem Kino überhaupt gibt (naja, früherTM hat Kino vielleicht 2 oder 3 DM gekostet, aber wollen wir mal nicht so sein) – und war billiger, als die Getränke vorher in der Kneipe… ;)

Vielleicht sollte man auch mal an der Qualität der eigenen Produktionen arbeiten. Da wird Geld im dreistelligen Millionen-$-Bereich verpulvert und am Ende beschwert man sich, weil nicht genug Leute den drittklassigen Sequel eines höchstens mittelmäßigen *gähn*-Films gesehen haben – äääähh ich meine: weil viel zu viele pöhse, pöhse “Raubkopierer” den Film geklaut haben und man somit kein Geld verdienen konnte!!!1!1!11 (Ja, wie soll man auch Geld mit Filmen verdienen, die man nicht besitzt, weil sie einem unter Einsatz von Gewalt entwendet wurden – eben geraubt.)

Vielleicht sollten sich gewisse Personen (die Verantworlichen…) mal Gedanken darüber machen, warum eigentlich unerlaubte Kopien angefertigt werden, anstatt einfach Hetze gegen “Raubkopierer” zu veranstalten, die angeblich für alles Übel dieser Welt verantwortlich sind. Denn jeder verurteilte “Raubkopierer” ist auch ein potenzieller Kunde weniger – und vergrault möglicherweise auch weitere Kunden, so wie mich…

Ich habe im Wesentlichen zwei Gründe, nicht mehr ins Kino zu gehen. Einerseits sind die meisten Filme einfach zu schlecht, um dafür bis zu 8 € auszugeben. Das lohnt sich nicht. Die Filme, die man dennoch gerne sehen möchte, bekommt man auch auf anderen Wegen zu sehen, etwa als legale (!) Privatkopie oder bei privaten Vorführungen (sowas soll es in kleinerem Rahmen tatsächlich geben…). Die Filme, die nur im Kino ihre Atmosphäre entfalten und nur in großen Kinosälen Spaß machen, sind selten geworden. Andererseits habe ich es einfach nicht nötig, mir – wenn ich denn dadurch, dass ich Eintritt fürs Kino bezahlt habe, schon gezeigt habe, dass ich bereit bin, für gute Filme auch durchaus viel zu viel angemessene Geldbeträge zu zahlen – vorwerfen zu lassen, ich sei ein pöhser, pöhser “Raubkopierer” und damit Verbrecher. Die Raubkopierer-sind-Verbrecher-Spots erinnern mich irgendwie verdächtig an Sandkastenstreitereien im Kindergarten: “BUÄÄÄHH, der hat mir meine Schaufel weggenommen *heul*” Wenn ich ein “Raubkopierer” wäre (und damit zur Zielgruppe des Spots gehöre), würde ich ja nicht ins Kino gehen – oder? Die Pläne, Kinos jetzt auch noch mit Nachtsichtgeräten zu überwachen, setzen der ganzen Sache noch die Krone auf. Ich habe auch eine Privatsphäre und dazu gehört auch, dass es allein meine Sache ist, ob ich im Kino still da sitze und den Film schau, ob ich in der Nase bohre oder ob ich eingeschlafen bin, weil der Film so schlecht ist. Das geht vielleicht meine Nachbarn an, die direkt neben mir sitzen, aber nicht irgendwelche Security-Fuzzis.

In diesem Sinne: “Filmindustrie” – Verreckt oder nehmt Vernunft an!

Übrigens: Ähnliches gilt für die “Musikindustrie”… die Abrechnung folgt bei Gelegenheit.

3 Antworten zu “Filmindustrie dreht durch?”

  1. lilly-anne sagt:

    Tjoa.. War nur eine Frage der Zeit..

  2. Khark sagt:

    Tjo.
    Aber MichiK hat etwas vergessen. Die GVUG will ja nur die Raubkopierer erreichen/bestrafen, die ihre Filme auch verkaufen! *haha!*

    Die müssen echt krasse Gelenke haben, wenn die bei dem Spagat nicht brechen :D

  3. MichiK sagt:

    Ach, will sie das? Natürlich will sie das… aber vermittelt sie das den Leuten nach draußen? Nein! Und darum geht es…

    Professionelle “Raubkopierer” bekommt man mit solchen Methoden sowieso nicht zu fassen, die haben nämlich auch ganz andere Methoden drauf.