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Kommunalpolitik

von MichiK am 14. Februar 2008 um 00:23 Uhr

Ich habe mir gestern Abend mal wieder eine ordentliche Prise Politik live gegönnt, die mir jetzt erstmal wieder für diesen Monat reicht. Ich war auf der Jahreshauptversammlung der örtlichen Gliederung einer größeren politischen Partei und es ging unter anderem darum, den Vorstand neu zu wählen. Alles soweit Routine, sollte man meinen.

Nachdem der größte Teil der Verteilung der Posten und Pöstchen ohne größere Differenzen ablief, kam man zum vorletzten Punkt, Wahl der Beisitzer zum Vorstand. Für alle, die mit diesen Interna nicht vertraut sind: Der Vorstand setzt sich zusammen aus dem geschäftsführenden Vorstand (also Vorsitzender, Schriftführer, Kassierer usw.) und den Beisitzern. Die Beisitzer werden zu den Vorstandssitzungen eingeladen und haben dort natürlich das Recht mitzudiskutieren – genau wie jedes andere Mitglied zumindest hier bei uns auch – und auch mit abzustimmen. Eine darüber hinausgehende Funktion haben sie aber nicht. Insgesamt also ein nicht sonderlich interessanter Posten, sollte man meinen. Ich habe das selbst auch mal zwei Jahre lang gemacht, weil sich sonst niemand gefunden hat und wir die vorgesehene Anzahl vollkriegen mussten. Was solls, wenn man sowieso zu den Sitzungen geht, kann mans ja mal machen, schadet schließlich nicht.

Zurück zum eigentlichen Thema: Es standen acht Beisitzer zur Wahl, der scheidende Vorstand hat einen Wahlvorschlag von neun Personen unterbreitet. Da fühlte sich nun jemand schon übergangen, aber was solls, darf er halt auch noch kandidieren. Zehn Bewerber auf acht Pöstchen, was passiert? Natürlich wird derjenige, der nachträglich noch kandidiert hat, nicht gewählt. Ist doch kein Problem, sollte man annehmen. Doch, ist es. Schließlich ist das nicht irgendwer, der da nicht gewählt wurde, sondern er! Mr. Oberwichtig persönlich. Vermutlich am Ende seiner politischen Karriere bald angelangt, schon länger auf dem absteigenden Ast, nie besonders weit gekommen (in den 80ern war er wohl mal Bürgermeister und nicht unumstritten).

Entsprechend ging es dann natürlich auch zur Sache. Er faselte was von “Misstrauensvotum” und weigerte sich anschließend, den Bericht aus der Gemeinde, äh Stadtratsfraktion zu verlesen, was er laut Tagesordnung eigentlich tun sollte und was seine Aufgabe ist und auch schon länger seine Aufgabe war. Aber nein, er muss ja jetzt beleidigte Leberwurst spielen. Gut, das wird so hingenommen. Soll er doch machen, was er will.

Naja, nach offiziellem Ende der Veranstaltung war diese Aktion natürlich trotzdem Gesprächsthema Nummer 1. Alle sind verwundert und genervt von solchem Verhalten, er hat sich ziemlich schnell verpisst. Ihn mag ja auch keiner mehr jetzt!!!1 Pikantes Detail am Rande: Als Mitglied der Fraktion ist er zu den Vorstandssitzungen sowieso eingeladen und kann da auch mitreden. Also wozu dieses Gefasel und wieso soviel Stress wegen so einem Pöstchen, was absolut ohne Belang ist? Kommt es darauf wirklich an? Offensichtlich schon. Gibt es keine anderen, wirklichen Probleme? Offensichtlich nicht.

Tja, was lernt man daraus jetzt? Ich für meinen Teil weiß jetzt, warum sich auch bei mir Politikverdrossenheit breit macht (hätte ich früher nie gedacht), denn dieses Beispiel ist nur eines von vielen und natürlich kein Einzelfall. Es läuft oft so. Ständig schlägt man sich die Köpfe ein wegen solchen Nichtigkeiten. Einfach mal gemeinsam das anpacken, was wirklich wichtig ist, nö. Das könnte ja jeder. Erstmal drüber streiten, wer nun auf welcher Liste an welcher Stelle steht. Und dann wundert man sich noch über Politikverdrossenheit, rückläufige Wahlbeteiligung und ständige Lästerei über “die Politiker” an sich. Manches kann ich mittlerweile sehr gut verstehen.

Was noch dazu kommt: So läuft es hier in der Kommunalpolitik ab. Und das auch noch innerhalb einer Partei, wo man eigentlich annehmen sollte, dass man für eine gemeinsame Sache eintritt und sich nicht ständig gegenseitig die Köpfe einschlägt. Auf höheren Ebenen wird es natürlich nicht besser, sondern eher schlimmer. Und sobald mehrere Parteien im Spiel sind, sowieso. Und nach oben kommen natürlich nur die, die sich in diesen Grabenkämpfen weiter unten am besten behauptet haben. Kein Wunder, dass soviel schief läuft in der Bundespolitik…

Mag mal jemand mein Weltbild und den Glauben an die Politik wieder graderücken?