Mit meinem Azubikollegen war ich neulich auf einem sogenannten Prüfungsvorbereitungskurs in Sachen Wirtschaft- und Sozialkunde.
– Mal davon abgesehen, dass wir beide im 1. Lehrjahr sind und alle anderen Teilnehmer entweder im 2. oder größtenteils (95%) im 3. Lehrjahr sind.
Wirtschaft- und Sozialkunde ist einer der Prüfungsbereich der von der IHK in der Zwischen- und Abschlussprüfung abgefragt wird. Daher bieten viele Krankenkassen und Vereinigungen da mehr oder weniger spezielle Kurse an.
So auch die AOK. Die Teilnahme war gratis und der Kurs war am Vormittag. Also ideal für Betriebe.
(Es kostet nichts und der Azubi kann danach noch arbeiten. *zwinker* – Nee ist ja ok, ich habe ja auch von profitiert.)
Nun gut, wir saßen dann da also in diesem Raum und ich erwartete grob etwas über den Generationenvertrag, die Rentenvorsorge, Rentensicherung/-planung, Aufbau des Gesundheitssystems, Rolle der Krankenkassen, Mutterschaftsgesetzt, Berufsunfähigkeit, etc. zu hören.
Es fing auch nett an die Berater stellten sich vor und fingen an. Ich machte mich zum mitschreiben bereit, wie ich es aus Vorträgen gewohnt bin. Am Anfang wurden die Folien noch relativ ausführlich erklärt. Circa eine Minute pro Folie bei wenig Text. Leider waren dies aber nur die Grundlagen die mir dann doch bekannt sind (ab wann bekommt man Rente, etc.). Ab und zu merkte man dann zwar, dass es dürftig war. Aber.. Es ist ja gratis.
Etwas säuerlich wurde ich dann schon, als das Säulenmodell der Sozialversicherung inkl. 5-6 anderer Folien einfach so komplett übersprungen wurde um vor der Pause noch die 1-2 Folien mit den Leistungen der AOK präsentieren zu können.
– Aber.. Es ist ja gratis und von der AOK.
Nach der Pause ging es dann ähnlich weiter. Das Mitschreiben hatte ich schon lange aufgegeben. Wenn pro Folie nur 20 Sekunden investiert werden und die Folien die alles vertiefen bzw. näher erklären einfach so übersprungen werden, dann macht das keinen Sinn.
Die 5-8 Minuten für so eine AOK-Folie, die waren trotzdem drin. *kopfschüttel*
Aber.. Es ist ja gratis und von der AOK. War aber leider als Prüfungsvorbereitungskurs vermarktet wurden.
Der Vortrag, den ich eigentlich nur noch als Werbung für die AOK verstand näherte sich seinem Ende. Einer der Referenten nahm einen Zettel und sprach: “Ich gebe hier mal den Zettel zwecks Anwesenheitüberprüfung herum. Ihre Ausbilder bekommen da ja auch was schriftlich, dass Sie hier waren.”
Ich flüsterte meinem Azubikollegen mehr aus Spass, aufgrund schon gemachter Erfahrung (Erklärung später im Text) noch folgendes zu: Pass auf, da ist bestimmt noch ein Feld mit Geburtsdatum und Telefonnummer drauf. Ist doch ideal. Alle die hier sitzen sind potenzielle Neukunden.
Nun ja, der Zettel kam dann auch. Die 2 Felder waren tatsächlich darauf. Inklusive weiterer Felder für: Straße, Wohnort, E-Mailadresse, Handynummer, derzeitige Krankenkasse, Unterschrift und Betrieb. (Wieso Betrieb? Den wissen die doch schon mit der Anmeldung? Und wieso der Rest? Ach.. Äh. Ich weiß es :-) )
Und was ich der AOK dann doch anrechne: Ein Hinweis auf das Datenschutzgesetz sowie ein Feld ob man mit der Verwendung der Daten zu Kontakt- und Marketingzwecken (WTF?) einverstanden sei.
Ich füllte nur Name, Unterschrift und Betrieb aus und schrieb in das Feld ob ich mit der Verwendung der Daten einverstanden sei ein großes “NEIN!”. Habe aber 4 Sekunden überlegt gar nichts auszufüllen. Wozu auch. Mein Azubikollege hätte meine Anwesenheit bestätigen können.
– Ich wollte auf Nummer sicher gehen und keinen Stress in der Firma alá: Wir haben nichts schriftliches bekommen also waren Sie nicht da.
Die anderen anwesenden Azubis hatten bereitwillig immer so gut wie alles ausgefüllt. Nur vereinzelt waren die Felder E-Mailadresse und Handynr. ausgelassen. Im Feld für die Kontaktaufnahme und Marketing war immer ein großes X was ich mal als Ja. bzw. Zustimmung interpretiere.
Aber ich wette, dass es kein Schreiben für den Ausbilder gibt. Sowas ähnliches habe ich auch von der Barmer Krankenkasse in der Realschule erlebt.
Ein “Berufsberater” der Barmer Krankenkasse kam in unsere 10. Klasse. Erzählte wirklich unwichtiges Zeug für die Berufswahl, etc. Am Ende ging dann ein Zettel rum. Was er damals als Legitimationsgrund anführte weiß ich nicht mehr. Ich war der einzige der nichts ausfüllte und den Zettel einfach nur weitergab.
Und jetzt ratet mal, wer als einzige aus der Klasse keinen Werbeprospekt inkl. Anruf bekommen hat.
– Richtig.
Nun.. Zurück zur AOK bzw.: Was ist so schlimm daran einem Vertriebsmitarbeiter einer Krankenkasse seine Adresser zu geben?
Prinzipiell nichts. Aber wenn dann Anrufe und Werbung kommen, dann wird es lästig.
Was mich aber ankotzt ist die Verlogenheit und Scheinheiligkeit mit der man die Unwissenheit und Gutmütigkeit der Schüler/Auszubildenden ausgenutzt hat.
Meine (gesetzliche) Krankenkasse schickt mir wenigstens regelmäßig Kinogutscheine anstatt bunter Werbeblättchen. Da toleriere ich es dann auch das die von meinen Beiträgen ein Formel1-Team sponsoren. (Wobei das ja auch wieder eine andere Geschichte ist, die in Zusammenhang mit Krankenkassen nicht verstehen kann..)
Mal von dem ganzen abgesehen: Wieso bekomme ich als Mensch mit starken Übergewicht eigentlich Ermäßigungen auf meine Beiträge wenn ich mich entschließe an Ernährungsberatungskursen teilzunehmen, während Personen die noch nie an Übergewicht litten so viel zahlen wie ich?
Ich finde, dass ich eigentlich mehr zahlen müsste. Ebenso wie Raucher. Immerhin begründen sich die Ursachen für die später daraus resultierenden Krankheiten im angewohnten Verhalten dieser Personen. (Sprich: Faulheit, Ignoranz, Lernresistenz, Sucht.)
– Jetzt bitte nicht das Argument mit der Tabaksteuer. Ein Raucher finanziert mit der Tabaksteuer bei weitem nicht dass, was für seine Krebsbehandlung draufgeht.
Ein Verhalten, das im Falle von Rauchen und Übergewicht eigentlich mit mehr oder weniger geringem Aufwand abgewöhnt werden kann.
Trotzdem zahle ich bei meiner gesetzlichen Krankenkasse genau so viel wie andere Leute die schlank sind und durchtrainiert und keiner Sucht fröhnen.
Bei einer privaten Krankenversicherung sieht das natürlich wieder anders aus…